Zu Besuch bei den San in Namibia

Der Heiltanz der Ju/’Hoansi San.
Während eines dreimonatigen Praktikums in Namibia habe ich die Freilichtmuseen der Ju’/Hoansi San besucht – ein namibisches Naturvolk. Der Gründer der Museen und zwei seiner Freunde haben eine Tour gemacht, um sicherzugehen, dass vor Ort alles in Ordnung ist. Ich habe sie zufällig kennengelernt durfte sie begleiten. Die Drei waren erfahrene Outdoor-Experten. Ich hingegen war noch ziemlich Grün hinter den Ohren. Viel Spaß beim Lesen 🙂
Zahnbürste? Unterhosen? T-Shirt? Kamera? Alles dabei. Ohrenstöpsel? Ich hatte gehört, dass die vielen Buschinsekten einen Heidenlärm machen. Taschenlampe? Brauche ich nicht. Mein iPhone hat ja eine. Feuchttücher? Nicht unbedingt, da gibt es doch bestimmt überall Klos mit Waschbecken und Seife. Oder?! Egal, ich nehme trotzdem welche mit.
8 Uhr morgens an einem Montag. Es ist endlich soweit. Während eines fünftägigen Trips besuche ich zwei Living Museums der Ju/’Hoansi San in Tsumkwe und Grashoek. Besucher der Museen lernen dort die traditionelle Lebensweise und vorkoloniale Kultur von den indigenen Völkern Namibias kennen. Als ich noch ganz in Gedanken versunken an einer Tankstelle in Windhoek warte, fährt ein großer Geländewagen vor und gibt mir Lichthupe. Meine Mitfahrer sind angekommen. Sebastian Dürrschmidt, einer der Gründer der Living Culture Foundation Namibia, möchte während der Tour sicherstellen, dass bei den Museen alles rund läuft. Ihn begleiten noch Ralf Johänntges, der sich stark für die Museen engagiert, und seine Freundin Regina Bruns. Beide kommen aus Deutschland und sind Freunde von Sebastian. Ralf und Regina sind echte Namibia-Veteranen: Neun Mal haben sie das Land schon besucht.

Diese Aufnahme eines bunten Schmetterlings habe ich in unserem Camp gemacht. In den Rissen des Granitsteins hat sich gelber Blütenstaub gesammelt.
Eigentlich wollten wir direkt zu dem Living Museum in Tsumkwe fahren, aber am Horizont bauen sich bedrohlich aussehende Wolken auf. Wir entschließen uns, lieber auf einen Campingplatz einzukehren. Die Outdoorprofis haben ihr Zelt schnell aufgebaut. Ich hingegen bin etwas überfordert. Der Himmel wird immer dunkler. Plötzlich zuckt ein Blitz und ein Donnergrollen ertönt. Ein Wimpernschlag später ergießen sich Sturzbäche vom Himmel und mein Zelt fließt wie ein Blatt im Rinnstein davon. Es ist abgesoffen. Die anderen können sich ihr Lachen nicht verkneifen. Peinlich berührt miete ich mich für eine Nacht in einem Bungalow auf dem Zeltplatz ein, was nur noch für mehr Gelächter sorgt. Doch mit der Nachtruhe ist es nicht so einfach. Die Insekten veranstalten ein Rockkonzert direkt vor meinem Fenster. Es ist unglaublich laut. Aber ich habe ja meine Ohrenstöpsel dabei…
Die Living Museums in Namibia
Am nächsten Tag geht es weiter nach Tsumkwe. Das dortige Hunters Museum wird von den Ju/’Hoansi San betrieben. Es liegt im Nyae-Nyae-Hegegebiet, dem einzigen Ort in Namibia, wo die San noch jagen dürfen. Wenn Besucher eine entsprechende Tour buchen, können sie die San bei ihrer Jagd begleiten. Aber leider habe ich dafür nicht genügend Zeit, weil wir weiter nach Grashoek müssen. Ich habe aber das Glück, den Heiltanz der San zu sehen. Dabei wird der Kranke umringt von anderen Stammesmitgliedern, die einen Gesang anstimmen. Der Kranke tanzt und der Gesang versetzt ihn in eine Trance, was ihn heilen soll. Fasziniert durch die ganzen Eindrücke, fliegt der Tag dahin. Nachmittags bekomme ich etwas Magenschmerzen und ich frage Sebastian, wo das Klo sei. Er schaut mich an. Schmunzelnd etwas und zeigt auf einen Klappspaten. Also nehme ich das Ding und stapfe in den Busch. Um eine Erfahrung reicher komme ich wieder zurück ins Camp und bin froh, dass ich die Feuchttücher mitgenommen habe.

Die San bei ihrem Heiltanz. Der Kranke tanzt sich in der Mitte in Trance, während die Frauen singen und klatschen.
Anschließend fahren wir weiter nach Grashoek zum zweiten Living Museum. Während Sebastian sich mit dem Dorfeinwohner trifft, mache ich mit zwei Buschmännern einen Bush-Walk. Zwei Stunden laufen wir durch die dichte Vegetation. Ein Dolmetscher übersetzt in gebrochenem Englisch, was mir die San erzählen. Ich weiß schon nach ein paar Metern nicht mehr, wo das Dorf ist, aber die San-Männer setzen zielstrebig ein Fuß vor den anderen. Um uns herum ist alles grün und für mich sieht alles gleich aus, aber die Buschleute zeigen mir Sträuche und Bäume, die für sie sehr wichtig zum Leben sind.
Zum Beispiel die Rinde des Keat-Baums. Sie kann gekocht und als Tee getrunken werden. Das soll bei Lungenbeschwerden helfen. Und die Früchte des Monkey-Baums reinigen nach dem Verzehr den Verdauungstrakt. Dann machen wir plötzlich Halt vor einem kleinen Busch und ein San zeigt auf eine kleine Raupe, die auf einem Blatt sitzt. Mit Hilfe des Dolmetschers und unseren Händen und Füßen erklären sie mir, dass sie mit dem Gift der Raupe ihre Pfeile präparieren. Es ist so stark, dass es sogar einen Elefanten töten kann. Danach geht es zurück ins Dorf, wo wir zum Abschluss unserer Tour noch Rinde mit Hasenkot rauchen. Klingt komisch. Riecht aber sehr gut.